Sind wir Neanderländer?
Öffnet man die Webseite des Kreises Mettmann, springt einem zuerst das Lieblingsprojekt von Landrat Hendele ins Auge „wir sind das neanderland„. Nun identifizieren sich nicht allzu viele Langenfelder, Hildener und Monheimer Bürger mit den alten Knochen aus dem Düsseltal, auch die Ratinger, Velberter und Heiligenhäuser haben besseres zu tun. Der gemeine Haaner sieht das Projekt mit gemischten Gefühlen, gehörte doch die Grotte im Düsseltal, in der sich seinerzeit die Knochen des Keulenschwingers fanden, zu der Zeit zur Bürgermeisterei Haan – da kann die Erkrather SPD lamentieren wie sie will.
Die Erkrather und Mettmanner finden das mit dem Neanderland sowieso nur mäßig witzig, sollen sie doch immer zu den hochfliegenden Plänen zur besseren Vermarktung des nach dem gebürtigen Bremer Joachim Neander benannten Gebiets ihre Taler beisteuern.
Insgesamt erscheint einem das ständige Geschwurbel mit dem Neanderzeugs wie ein aufgesetzter, ziemlich matter Marketing-Gag in einem Kreis, der als undefinierbare Masse, eingebettet zwischen Großstädten, ein bisschen Profil sucht. Im englischen Sprachgebrauch gibt es dafür eine schöne Zusammenfassung: Bullshit!
Der ehrenamtliche Naturschutz ist spätestens seit der „Euroga“ bei allem, was mit Neand.. anfängt, extrem kritisch. Auch auf das neueste Projekt, den 225 Kilometer langen „Neanderland Steig“, hätten wir gut und gerne verzichtet. Aber das nur nebenher.
Der Haushalt des Kreises Mettmann für 2013 ist beschlossenen Sache. Wer sich durch das Zahlenwerk durchwühlen will, der kann das gerne tun, alles steht im Internet. Was die Themen Umwelt und Landschaftsschutz betrifft, kann man das Wichtigste z.B. hier nachlesen .
Die Grünen (ja, die sind an der Regierung!) haben dazu in der Haushaltsrede zum Haushalt 2013 eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben, die im Wesentlichen darauf hinausläuft, was auch an dieser Stelle schon mehrfach erwähnt wurde: Der Flächenfraß geht weiter, während die Einen Gewerbe- und Grundsteuern senken und die Schuldenfreiheit erreichen, ächzen die Anderen unter hohen Haushaltsdefizit.
Für mich neu war, dass der Kreis Mettmann anscheinend der steuerstärkste Kreis in Nordrhein- Westfalen ist. Da wundert es doch, daß sich fünf der zehn kreisangehörigen Städte in der Haushaltssicherung befinden. Oder anders herum gelesen, umweltmäßig: Städte wie Langenfeld haben bereits mehr als 50% der Stadtfläche verbaut, locken mit niedrigen Steuern, während in Haan die öffentlichen Gebäude vergammeln.
Dieses Ungleichgewicht führt nicht etwa dazu, dass Flächenrecycling vorangetrieben wird, sondern Landrat und Bürgermeister gehen massiv gegen den vorliegenden „vorsichtigen“ Entwurf des Regionalplans der Bezirksregierung an, um weitere Freiflächen zubauen zu können. Denn trotz der abnehmenden Einwohnerzahlen im Kreis werden immer neue Wohn- und Gewerbegebiete auf Kosten von Freiflächen ausgewiesen.
Hier noch ein Zitat aus der Pressemitteilung der Grünen, das man hundertprozentig unterschreiben kann: „Wie erwartet, hat sich die Zerschlagung des Umweltdezernates und Unterordnung des Umweltamtes in das Dezernat III [Wirtschaftsförderung!!] nicht bewährt. Im Gegenteil: Umweltschutz ist nicht mehr spürbar und wird zum lästigen Anhängsel dominierender Wirtschafts- und Tourismusfragen.“ .
À propos Tourismus und Neanderland: Dazu gibt es wieder einen neuen Vorstoß, den die Bezirksregierung hoffentlich in der Regionalplanung wieder einkassieren wird: Nachdem der Hochpfad im Neandertal gescheitert ist, will der Steinbruchbesitzer jetzt ein Hotel „Neander Plaza“ mit 140 Betten am derzeitigen Steinbruch bauen. Da konnte selbst die Kreisverwaltung nicht umhin, ihre Bedenken vorzubringen, nach denen „eine erhebliche Rücksicht auf die naturschutzfachlichen Belange genommen werden“ muss.
Dabei ist das Neandertal FFH-Gebiet, und jetzt schon völlig überlaufen. Man darf gespannt sein, wer sich am Ende durchsetzt: der neanderselige Landrat mit seinem Wirtschaftsförderfimmel oder die Regierungspräsidentin, die sich die Verringerung des Flächenfraßes auf die Fahne geschrieben hat.
Wieso sind die Grünen an der Regierung????
Im Land, aber nicht im Kreis!!
Gruß Sven
natürlich im Land! Von den Kreisgrünen hört man eher selten was.