Das Glyphosat, der Technopark und die Schulschwänzer
Wer momentan mit offenen Augen spazieren geht, der kann die Ursachen für das Artensterben in unserer Umwelt mit eigenen Augen sehen: Unkrautvernichtungsmittel sind auf großen Flächen ausgebracht worden.
Die Debatte über Pflanzenschutzmittel und das Artensterben der Insekten ist auch im Frühjahr 2019 voll im Gange. Gerade erst hat ein EU-Gericht die EU-Lebensmittelbehörde dazu verpflichtet, umstrittene Studien zu veröffentlichen, die der Zulassung von Glyphosat den Weg geebnet haben. Man reibt sich verwundert die Augen, aber es ist wahr: Bisher war das Zulassungsverfahren eines Pflanzengiftes, von dem im Jahr 2016 in Deutschland etwa 3800 Tonnen versprüht wurden, teilweise unter Verschluss. Und zwar mit dem Argument, die Geschäftsinteressen der herstellenden Firmen würden sonst verletzt. Ein Schelm, wer da da einen Zusammenhang mit der sogenannten „Industriepolitik“ vermutet, wie wie sie bei den Autobauern kennengelernt haben.
Nun hat der DAX-Konzern BAYER aus Leverkusen und Monheim in den USA noch mehr als 9.000 Klagen von Leuten am Hals, die sich vom Totalherbizid Glyphosat geschädigt fühlen. Die Klagen betreffen den in Umweltkreisen als „Monsatan“ bekannten amerikanischen Chemieriesen Monsanto, den die Leverkusener für schlappe 63 Milliarden Dollar Mitte 2018 übernommen hatten. Bayer-Chef Baumann behauptet derweil, zum Zeitpunkt der Übernahme sei der Umfang der Klagen gegen Monsanto noch gar nicht absehbar gewesen. Man fragt sich, was die Bayer-Anwälte seinerzeit für ein Brett vor dem Kopf hatten. Böse Zungen behaupten, seit der Konzern von Finanzleuten und nicht mehr von Ingenieuren und Chemikern geführt würde, habe die Gier über den Verstand gesiegt.
Was hat das alles mit uns zu tun?
Zum einen grenzt an unsere Pachtfläche in Oberhaan die ehemalige „Haaner Giftfabrik“ an, eine ehemalige Bayer-Anlage. Liest man die alten Berichte über die Arsen- und Pikrinsäureproduktion an der Gruitener Straße, dann wird rasch klar, dass das Vertuschen von Störfällen, gesundheitlichen Risiken und Umweltgefahren schon seit über 150 Jahren Firmen-Tradition bei Bayer ist. Dieses ziemlich bedrückende Stückchen Haaner Industriegeschichte hat der Bergische Geschichtsverein auf seinen Seiten akribisch aufgeschrieben.
Aktuell geht es mit dem Kurs des Bayer-Konzerns bergab, und wieder ist auch Haan betroffen: Bei Bayer wird gespart, die Bayer-Ausgründung Aicuris bleibt am Standort Wuppertal und kommt nicht in den Haaner Technopark, wie das Unternehmen berichtet.
Aber auch ganz direkt sind wir betroffen. Heutzutage kann niemand den Unkrautvernichtungsmitteln aus dem Weg gehen, sogar des Deutschen reinster Stoff, das Bier, ist mit Glyphosat belastet, wie die Stiftung Warentest gerade im vergangenen Jahr nochmals feststellte. Unkrautvernichtungsmittel wird im Ackerbau fast überall eingesetzt, besonders im zeitigen Frühjahr kann man auf vielen Feldern die typische Gelbfärbung sehen, hier hat der Landwirt mit der Giftspritze zugeschlagen. Auch in Baumschulen ist das abspritzen der Unkräuter gängige Praxis, aktuell zu besichtigen auf zahlreichen Flächen rund um die Gartenstadt.
Kommen dann noch ein paar Tage Starkregen hinzu, läuft die Giftsauce verschiedentlich den Hang herunter auf die Nachbarflächen, und mit ein wenig Pech oder auf drainierten Böden auch direkt in die anliegenden Bäche. Das alles gilt als „gute fachliche Praxis“, die Behörden unternehmen jedenfalls nichts dagegen.
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Die Vernichtung der Ackerwildkräuter geht Hand in Hand mit dem Rückgang der Insekten, Neonicotinoide, Glyphosat und andere Gifte vernichten unsere Lebensgrundlagen. Die Konzerne, die in den vergangenen Jahrzehnten an den Giften Milliarden verdient haben, machen derweil mal wieder „Krisenkommunikation“. Und unsere Kinder, die den ganzen Wahnsinn aus Energieerzeugungs- und Landwirtschaftspolitik – Stichwort „Klimakatastrophe“ – nicht mehr hinnehmen wollen, die werden als Schulschwänzer denunziert – Armes Deutschland!