Grünzug mit Aufenthaltsqualität?

Haan, Spörkelnbruch, 10. September 2019. Im Hintergrund dampfen die Kühltürme im Rheinischen Kohlerevier (Foto: Armin Dahl)

Der Sommer 2019 ist vorbei, und er war der heißeste den ich jemals erlebt habe. Über 40°C im Garten, die Fichten in Nachbars Garten haben alle Nadeln gelassen, wie lange mein Trinkwasserbrunnen nach monatelanger Dürre noch Wasser liefert ist ungewiss. Jetzt kommt der heiße Herbst 2019.
Weltweit streiken Kinder und Jugendliche seit Monaten jeden Freitag für ihre Zukunft. Jetzt ruft #FridaysForFuture auch die Erwachsenen auf, gemeinsam auf die Straße gehen – alle zusammen für das Klima!
Was das alles Haan angeht? Naja, die Stadt liegt sozusagen im Auge des Sturms, hier mal ein paar Punkte aus der direkten Nachbarschaft:

  • In Haan kreuzen sich zwei aus dem Ruder laufende Verkehrsadern (A 46 und A 3). Die A3 scheint mit fünf Streckenabschnitten in den Top 10 der vollsten Autobahnen Deutschlands auf, vier der Streckenabschnitte liegen in NRW.
  • In Haan liegt das Rheinische Braunkohlerevier in Sichtweite – siehe Bild oben
  • In Haan dreht der ausufernde Flugverkehr Abend für Abend seine Warteschleifen über der Stadt, im Jahr 2018 wurden auf dem Flughafen Düsseldorf unfassbare 218.818 Flugbewegungen gezählt, hinzu kommen 144.200 Starts und Landungen in Köln.
  • Der Flächenverbrauch in der Region geht ungebremst weiter, nicht nur im neuen Technopark, auch in der Innenstadt sollen weitere Flächen versiegelt werden

Ein kleines Beispiel: Die Stadt Haan hat einen Förderantrag für einen Fuß-/Radweg durch das Sandbachtal vom Schillerpark bis zur Erkrather Straße beim Bundesumweltministerium eingereicht. Der Radweg soll die Verbindung für den Rad-Freizeitverkehr zwischen dem Bergischen Land und dem Rheinland darstellen. Der Kreis Mettmann lehnt das Vorhaben mit Blick auf das bestehende Landschaftsschutzgebiet aus ökologischen Gründen ab.
Als ein Lösungsvorschlag wird von derselben Kreisverwaltung (!) die Aufstellung eines Bebauungsplans angeregt, mit dem man das Landschaftsschutzgebiet (das über den Landschaftsplan gesichert ist) ganz einfach aushebelt. Wenn das alles so durchgeht haben wir hinterher eine 3 Meter breite geteerte Piste im Sandbachtal, wo vorher ein schmaler ungeteerter Fußweg war.
Ob das Sandbachtal auf Dauer ein „Grünzug mit Aufenthaltsqualität“ bleibt, ist ungewiss. Ähnlich läuft das alles übrigens im Haaner Bachtal, auch da hingen die Pläne für überregional zusammenhängende – und natürlich asphaltierte – Radwege schon im Rathaus an der Wand. Auch dort soll angeblich der „Erholungswert“ des Tals verbessert werden, fragt sich nur für wen?
Das alles lässt sich sicher noch irgendwie schönreden, bedeutet aber eine weitere Versiegelung ausgerechnet in den Kaltluftschneisen zwischen Innenstadt und Unterhaan bzw. Ittertal. Das sind zwar nur zwei kleine asphaltierte Mosaiksteinchen von vielen, der Druck auf die verbliebenen Rest-Freiflächen ist jedenfalls enorm, und keine Umkehr des Trends in Sicht. Die Stadtratsmitglieder werden es voraussichtlich so beschließen, übrigens die gleichen die sich vorher an den Ständen und Mahnwachen der Fridays-For-Future-Schüler eifrigst herumgetrieben haben.

Zusammen mit Fridays for Future auf die Straße!
Nicht zuletzt aufgrund solcher Manöver in der Lokal- und Bundespolitik verspricht die Bewegung #FridaysForFuture der Bundesregierung einen ziemlich heißen Herbst mit zahlreichen Aktionen: Am 20. September tagt das sogenannte Klimakabinett, und dann sollen endlich Beschlüsse gefasst werden, um die Klimakrise zu bändigen. Doch die Jugendlichen spüren, dass sie es allein nicht schaffen können. Sie rufen die Erwach­senen zu einer Solidaritätsaktion am Freitag, 20. September auf: „Der Kampf gegen die Erderwärmung sei keine Aufgabe für einzelne Genera­ti­o­nen […] Wir haben das Gefühl, dass viele Erwachsene noch nicht verstanden haben, dass wir jungen Leute die Klimakrise nicht allein aufhalten können“.
Die meisten umweltpolitischen Forderungen der neueren Zeit sind übrigens schon ziemlich alt, nur leider niemals umgesetzt worden. Wer´s nicht glaubt kann mal einen Blick in den KIEBITZ von 1995 werfen, mit dem Titel: „Hafenstadt Haan“. Die beiden großen hinter der AGNU Haan stehenden Naturschutzverbände NABU und BUND rufen jebenfalls zum Mitmachen bei den Demonstrationen auf. Wir sollten die Jugendlichen nicht allein lassen!
Die nächste Kundgebung in Haan startet am 20. September um 12 Uhr am Park Ville d’Eu, der Zugweg geht über die Umleitung für die Haaner Kirmes, so gegen 13:30 Uhr gibt es eine Zwischenkundgebung, dann geht es über die Nordstraße zurück zum Park Ville d’Eu wo eine Abschlusskundgebung stattfinden wird.
Die AGNU Haan ruft alle erwachsene Bürgerinnen und Bürger auf, sich solidarisch mit den Jugendlichen zu zeigen und am Freitag, den 20. September ihr Anliegen zu unterstützen!
„Normale“ Naturschutzarbeit geht weiter
Der Arten- und Biotopschutz sollte bei allem natürlich nicht zu kurz kommen, die von der AGNU betreuten Flächen sind echte Pflegefälle die jeden Herbst und Winter unseren Einsatz fordern
Zum Abschluss deshalb noch der Hinweis auf den nächsten Pflegeeinsatz am kommenden Samstag und noch ein paar paar „schöne“ Bilder aus der frühherbstlichen Grube 7.


Links
Beschlussvorlage: Einfacher Bebauungsplan Nr. 202 nach § 30 (3) BauGB „Sandbachtal zwischen der Erkrather Straße und dem Weg Schiensbusch“
Hafenstadt Haan: Fast 25 Jahre alte Ausgabe des „Kiebitz“ von 1995

Ein Gedanke zu “Grünzug mit Aufenthaltsqualität?

  1. Wie man der Presse entnehmen konnte, haben die Jugendlichen von Fridays for Future bei ihrer 24-stündigen Mahnwache vor einem „Haan am Meer“ gewarnt (s.a. https://www.wz.de/nrw/kreis-mettmann/haan-und-hilden/klima-aktivisten-haben-viele-forderungen-an-politik_aid-45686281) und damit eine Warnung der AGNU wiederholt, die 1995 diesem Thema einen Kiebitz widmete (s. https://agnuhaan.files.wordpress.com/2013/02/952_kieb1.pdf) . Auch wenn es sich lohnt, dies in diesem Kiebitz gesammelten Artikel zu lesen, muss ich doch davor warnen, denn es es ist überaus deprimierend, wenn man die damals bekannten Fakten sich vor Augen hält, um dann festzustellen, was in den vergangenen 24 Jahren nicht getan wurde.

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