Hirschkäfersaison schon voll im Gange
Seit mehr als zehn Jahren sammeln wir über die Webseite der AGNU Meldungen über Hirschkäferfunde aus dem Raum Haan und darüber hinaus. In diesem Jahr sind die Tiere jahreszeitlich besonders früh dran.
Ende Mai füllt sich wie in den vergangenen Jahren mein Postfach mit Meldungen über Hischkäferfunde, das liegt daran dass der vor vielen Jahren entworfene Hirschkäfer-Steckbrief der AGNU bei Google offenbar ziemlich gut gefunden wird. Und die Funde stammen beileibe nicht alle aus der Region, sondern aus ganz Deutschland, und auch ein paar Käfermeldungen aus Kroatien, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden habe ich gesammelt. In diesem Jahr ging es allerdings schon im April los, als aus der Pfalz die ersten Käfer gemeldet wurden.
So warm wie in Bad Dürkheim, Germersheim und Umgebung ist es in Haan noch nicht, aber jetzt ist es dann auch hier so weit, das sommerliche Wetter treibt sie aus dem Boden: Die Flugzeit der größten und beeindruckensten einheimischen Käferarten, der Hirschkäfer, hat vor ein paar Tagen begonnen.
Hirschkäfer gelten als Urwald-Tiere, aber das ist in unserer Region mit Sicherheit falsch: die Vorkommen im Niederbergischen Land liegen in sonnenexponierten Wald- und Gehölzstreifen, zum Teil mitten in den Städten, wie zum Beispiel in Düsseldorf-Gerresheim entlang der Torfbruchstraße. Größere Vorkommen gibt es in Bachtälern mit steilen Hängen wie dem Felderbachtal bei Langenberg oder rund um das Rinderbachtal in Heiligenhaus-Isenbügel. „Unsere“ Haaner und Solinger Hirschkäfer fliegen vor allem rund um das Ittertal, und „rund um“ bedeutet man kann die Tiere mitten in den Stdten weitab der Brutbäume finden, in denen sich die Larven entwickeln. Hirschkäfer fliegen gut, und so haben viele schon mal in Solingen-Wald oder im Haaner Musikanten- und Malerviertel einen Hirschkäfer gesehen.
Aber auch mitten in schön gepflegten Gärten und Parks leben Hirschkäferlarven, meist an alten Baumstubben, die oft nicht komplett ausgefräst sondern einfach mit Erde überschüttet werden. Die Holzart ist den Hirschkäfern dabei mehr oder weniger egal: Neben Eiche und Buche kommen vor allem Kirschbaumwurzeln und viele andere Laubgehölze in Frage, und auch eingegrabene, morsche Palisaden an Spielplätzen sind manchmal bewohnt. Hauptsache die Menge stimmt: Hirschkäferlarven brauchen für ihre mehrjährige Entwicklung ziemlich viel Futter. Kaum aus dem Boden geschlüpft, vollziehen die Tiere das Paarungsgeschäft, und schon im Juli sieht man nur noch selten einzelne Weibchen auf der Suche nach Eiablageplätzen.
A Bucket For A Beetle
À propos Eiablage: Wer Lust hat kann einmal über eine wunderschöne Aktion nachdenken die sich die Briten ausgedacht haben: Dort hat die Hirschkäferpirsch eine lange Tradition, und die gartenverrückten Menschen bieten die „A bucket for a beetle“ an, einen Eimer für einen Käfer. Im Prinzip ist das ein eingegrabener Plastikeimer, in den Holzhäcksel eingefüllt wird, das dort über Jahre in Ruhe verrotten kann. Der Eimer – je größer desto besser – wird von allen Seiten ordentlich durchlöchert, so dass sich kein Wasser am Boden stauen kann und die erwachsenen Larven sich nach draußen graben und in der Erde verpuppen können. Der Eimer wird bodenbündig eingegraben, gefüllt wird er zu einem Drittel mit Erde und obenauf kommt Laubholzhäcksel /Hackschnitzel. Das findet sich im Frühjahr (leider) haufenweise in vielen Straßenböschungen, oder man holt sich einen Sack voll beim Gärtner oder Förster. Obendrauf und ein paar Holzscheite oder Steine damit man die Stelle wiederfindet, das ganze sollte vor Beginn der Flugsaison im zeitigen Frühjahr angelegt werden. Und dann heißt es warten, und alle paar Monate Hackschnitzel nachfüllen, wenn der Abbau des Holzes einmal eingesetzt hat. Die Weibchen der Hirsch- oder Nashornkäfer riechen das verpilzende Holz und finden den Eimer von selbst. Geduld bracht man vor allem weil die Entwicklung der großen Käferarten über mehrere Jahre geht, Hirschkäfer brauchen bis zu fünf Jahre von der Eiablage bis zum fertigen Insekt.
Bilder und Betriebsanleitungen für den Käfereimer und sogenannte Hirschkäfermeiler finden sich sich im Internet, zum Beispiel über die Webseite des People’s Trust for Endangered Species oder auf ganz normalen Bastelseiten für Kinder . Wer im Garten schon alles hat kann es vielleicht mal mit einem Käfereimer oder einem Totholzstapel versuchen. „Eigene“ Hirschkäfer im Garten erzeugen echte Haaner Gartenlust. Und sie machen keine Arbeit, getreu dem Motto: „Managing for stag beetles is easy; it’s more a case of „leave alone“, than doing something special. It is all to do with providing dead wood.“ London Wildlife Trust (2000)
Hirschkäfer gefunden: und jetzt?
Die Hirschkäfer-Populationen in Deutschland stehen unter Naturschutz. Lassen Sie die Tiere unbedingt in ihrem Lebensraum!
Regelmäßig verirren sich in den Sommermonaten fliegende Hischkäfer in Wohnungen, auf Balkone, landen in Gartenteichen und Regentonnen, werden auf Straßen überfahren oder auf Wanderwegen plattgetreten. Das läßt sich in dichtbesiedelten Regionen nicht verhindern, Verluste gehören zur Überlebensstrategie dieser Art dazu.
Lebende Hirschkäfer
können vorsichtig in eine Schachtel gesetzt, mit Marmelade, Malzbier oder Zuckerwasser aufgepäppelt werden, und sollten dann möglichst in der Dämmerung in den nächsten passenden Wald, Park oder großen Garten gebracht werden. Dort setzt man sie am besten in die Nähe eines Holzstapels oder ins Laub, wo sie rasch verschwinden können. Bitte vorher mit einer Digitalkamera oder dem Handy ein Belegfoto machen und uns mit den Funddaten zukommen lassen, am einfachsten unter hirschkaefer@agnu-haan, mit Angaben zum Fundort und Datum!
Tote Hischkäfer
bitte ebenfalls unbedingt dokumentieren! Regelmäßig werden zu Beginn der Schlüpf- und Fortpflanzungsperiode sogenannte „Schlachtfelder“ entdeckt, auf denen „Hirschkäfermassaker“ stattgefunden haben. Dabei liegen oft viele Dutzend mehr oder weniger tote Hirschkäfer auf Wegen oder in der Nähe der sogenannten „Rammelbäume“ herum, angefressen von Igel, Waldkauz oder Krähenvögeln. Das gehört mit zur Biologie des Waldes: Nur wo Hirschkäfer wirklich häufig sind, lohnt es sich für bestimmte Tiere, sich darauf als Nahrung zu spezialisieren.
Achtung: Vor allem in der Regentonne oder dem Swimmingpool scheinbar ertrunkene Käfer sollten erst einmal auf ein Küchenkrepp gesetzt und beobachtet werden. Ins Wasser gefallene Käfer können manchmal tagelang überleben, brauchen dann auch viele Stunden um sich zu berappeln!
Ist der Käfer wirklich tot und noch gut erhalten, können Sie auch das nächstliegende Naturkundemuseum verständigen, mit etwas Glück wird man Ihnen das Tier
gerne abnehmen.