Stierkäfer: Das Leben ist Mist!

Stierkäfer-Loch
Eingang zur Brutkammer des Stierkäfers (Typhaeus typhoeus) mit Schafkot in direkter Nachbarschaft. NSG Spörkelnbruch, Foto: Armin Dahl

Ein kreisrundes, fingerdickes Loch im Boden, drum herum frisch aufgeworfene Erde und Sand. Und das ausgerechnet im November, wenn das Leben auf der Bergischen Heideterrasse eine Pause einzulegen scheint. So manch ein aufmerksamer Naturbeobachter hat sich schon gefragt, was es damit auf sich hat. Nimmt man einen Grashalm und stochert hinein, geht es tief hinunter in die Erde, und die Bewohner lassen sich nicht herauslocken. Meistens liegen in der Nähe noch ein paar Kaninchen- oder Schafköttel herum.
Wer es genau wissen will, braucht einen Spaten und etwas Kondition. Nach einiger Buddelei, wenn die Grube schon gut einen halben Meter tief ist, kommen mit etwas Glück ein oder zwei schwarze, runde Gesellen zum Vorschein: Stierkäfer (lat. Typhaeus typhoeus). Zumindest einer davon sieht ziemlich verwegen aus, trägt auf dem Kopfschild zwei große, nach vorne gerichtete Zacken, dazwischen befindet sich ein weiteres, aber viel kleineres „Horn”. Das muss das Männchen sein, das zugehörige Weibchen besitzt nur angedeutete Hörnchen. Die Farbe der rundlichen Käfer ist glänzend schwarz, die Flügeldecken sind längsgestreift, die Tiere sind etwa daumennagelgroß.

Stierkäfer-Männchen
Stierkäfer-Männchen tragen beeindruckende „Hörner“ auf dem Halsschild. Foto: Armin Dahl

Stierkäfer sind vor allem im Herbst und Winter aktiv, wenn die oberste Bodenschicht nicht gefroren ist. Die kreisrunden, fingerdicken Eingänge zu den Nistlöchern findet man im Herbst oder zeitigen Frühjahr auf der Bergischen Heideterrasse an vielen Stellen, z.B. auf sandigen Schafweiden oder auf kurzrasigen Flecken in der Nähe von Kaninchenbauten, wo sie die leckeren Hinterlassenschaften der Heidebewohner leicht in ihre Bauten schaffen können.
Denn die Stierkäfer machen es im Kleinen genau so wie ihre berühmten Verwandten, die Skarabäus-Arten in den Tropen, die riesige Mistkugeln durch die Gegend rollen und unter die Erde schaffen. Die einheimischen Stierkäfer gehören wie die Scarabaeus-Arten zur großen Familie der Mistkäfer (Scarabaeidae), sie sammeln in unterirdischen Brutkammern Kotpillen von Kaninchen, Schafen und anderen kleinen Huftieren. Zur Fortpflanzung graben die Tiere einen tiefen Gang senkrecht in die Erde, von dem aus mehrere Seitengänge abgehen, die jeweils in einer Kammer enden. In diese Brutkammern werden die Kotpillen gelegt, daneben legt das Weibchen die Eier. Die geschlüpften Käferlarven ernähren sich von den wenig appetitlichen Vorräten, und verpuppen sich nach etwa einem Jahr Entwicklungszeit.
Die schwarzen Gesellen sind vollkommen harmlos, und werden überhaupt selten beobachtet, da sie am Tage meist tief in ihrem Bau eingegraben sind und nur nachts hervorkommen. Einmal an der Oberfläche, können sie jedoch überraschend gut fliegen. Die Flügel sind unter den panzerartigen Flügeldecken in komplizierter Weise zusammengefaltet und gut geschützt. Auf der Suche nach frischem Mist erreichen die Stierkäfer im Flug auch abgelegene Weiden oder Heideflächen, und wer einmal darauf achtet, wird ihre Löcher auf der Heideterrasse an vielen Stellen entdecken.
Und noch ein kleiner Nachtrag: Seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass aus einem Kilo Tierkot von Weidetieren nach der Zweitverwertung durch Mistkäfer, Fliegen etc ungefähr 300 Gramm Insekten herauskommt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Köttel und Kuhfladen in der freien Landschaft verbleiben. Das ist sicher einen der zentralen Mechanismen der Biodiversität in unserere Region, und mit ein Grund, warum die Bergische Heideterasse zumindest in früheren Zeiten so reich an Insekten war: Leben ist Mist!